In einem Mediengespräch am 23. Dezember 2015 bilanzierten Holger Hase (DenkMalFort e.V.) und Matthias Neutzner als Vertreter unserer Gruppe das Jahr 2015 aus der Sicht von Erinnerungskulturen, Geschichtspolitik und historisch-politischer Bildung in unserer Stadt. Basis für die Analyse sind Daten des Online-Veranstaltungskalenders, den das Forum ERINNERN GESTALTEN Dresden seit Jahresbeginn führt. Er enthält Veranstaltungen in Dresden und Umgebung, »die sich auf Vergangenheit beziehen, um Zukunft zu gestalten«. Beide Vereine gehören zu den Trägern des Forums.
Schwerpunktthemen: Nationalsozialismus & Zweiter Weltkrieg sowie DDR & 1989/90
Im Jahr 2015 konnten die Dresdnerinnen und Dresdner an nahezu 500 Veranstaltungen teilnehmen, die diese Kriterien erfüllten – im statistischen Durchschnitt also täglich mindestens ein, meist zwei Angebote. Allerdings konzentrierte sich diese breite Auseinandersetzung der Stadtgesellschaft mit Geschichte und Gegenwart auf spezifischen Themen und Zeiträume.
Im Mittelpunkt stand auch 2015 die Beschäftigung mit Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg – und dies vor allem im Januar, Februar und Mai, also im Zusammenhang mit dem Holocaustgedenktag (27. Januar), dem Jahrestag der Luftangriffe auf Dresden 1945 (13. Februar) und dem Jahrestag des Kriegsendes 1945 (8. Mai). Eine zweite »Konjunktur« hatten Veranstaltungen im September und Oktober 2015, die sich auf die Geschichte der DDR und die politischen Veränderungen in den Jahren 1989/90 bezogen. Auch in diesem Fall waren Jahrestage der Anlass – hier das Erinnern an die Ereignisse der »Friedlichen Revolution 1989« (Oktober) und an die deutsche Wiedervereinigung 1990 (3. Oktober).
Daneben ist aber eine breites Spektrum an weiteren Themenstellungen zu beobachten – beispielsweise die Auseinandersetzung mit Querschnittsentwicklungen der politischen und Kulturgeschichte, aber auch mit Problemen von Wahrnehmung und Nutzung im Erinnern.
Veranstalter: Erinnerungskulturen werden vor allem von zivilgesellschaftlichen Inititativen und Kultureinrichtungen geprägt
Wer sind die Veranstalter? Vor allem drei Akteursgruppen bestimmen die gesellschaftliche Diskussion: Mehr als 35 % aller Angebot stammen von zivilgesellschaftlichen Initiativen, weitere fast 25% von Kultur- und Bildungseinrichtungen. Daneben zeichnen Museen und Gedenkstätten für 19% der Angebote verantwortlich.

2015: Veranstalter im Bereich Erinnerungskulturen & historisch-politische Bildung in Dresden (Quelle: www.dresden-erinnern.org)
Wandel der Veranstaltungsformen
Deutlich wird ein weiterer Trend: Die Auseinandersetzung mit Vergangenheit wird vor allem über (populär-)wissenschaftliche Veranstaltungen und über Kunst gesucht – hier vor allem mit Angeboten in den Bereichen Theater, Film, Bildende Kunst, Tanz, Performances, aber auch Kunst im öffentlichen Raum. Im Wachsen begriffen sind interaktive Formen der Aneignung von Geschichte, so Ausstellungen, Führungen und Diskussionen, die oft an konkrete Erinnerungsorte im Stadtgebiet gebunden sind.