16. November 2017: Kolloquium »Heidefriedhof Dresden: Lernen an konflikthaften Erinnerungsorten«

Heidefriedhof Dresden. Grab- und Gedenkanlage für die Luftkriegstoten des Februar 1945. Mahnmalwand, 24.11.2014 [Fotografie: Heike Richter]

Das Kolloquium hinterfragt am Beispiel des Dresdner Heidefriedhofs das Potenzial historischer Friedhofsanlagen als Gegenstand und Ort historisch-politischer Bildung. Im Mittel-punkt der Betrachtungen stehen dabei Denkmalsetzungen auf Friedhöfen, die politisch motiviert errichtet wurden oder im Laufe ihrer Rezeption politische Instrumentalisierungen erfahren haben. Im Falle des Dresdner Heidefriedhofs sind dies vor allem monumentale Grab- und Memorialanlagen, die als symbolhafte Orte der Erinnerung eine herausragende lokale und überregionale Bedeutung erhielten, gleichzeitig aber auch zum Gegenstand ge-sellschaftlicher Konflikte wurden.
Die Veranstaltung richtet sich an Akteure aus Wissenschaft, Denkmalpflege, Bildung, Kultur und Friedhofswesen. Sie bietet sowohl wissenschaftliche Impulse und Reflexionen als auch Gelegenheit zu praxisbezogenem Gedankenaustausch und Vor-Ort-Erkundung.

Heidefriedhof Dresden

Die komplexe Entstehungs- und Nutzungsgeschichte des Dresdner Heidefriedhofs umfasst einen Zeitraum von nahezu einem Jahrhundert, die der Memorialanlagen von mehr als sieben Jahrzehnten. Während die Friedhofsanlage insgesamt als spätes Ergebnis kultureller Reformbewegungen am Beginn des 20. Jahrhunderts von herausragender kulturgeschichtlicher Bedeutung ist, illustrieren die Memorialanlagen beispielhaft die geschichtspolitischen Fundamente der DDR-Gesellschaft sowie die Diskurse und Konflikte um das Geschichtsbild des wiedervereinigten Deutschlands seit 1990.

In den Memorialanlagen des Heidefriedhofs ist im Laufe ihrer komplexen Geschichte Vergangenheit mit sehr unterschiedlichen Absichten zugewiesen und abgerufen worden. Unterschiedliche Akteure haben über Jahrzehnte hinweg Erzählungen, Deutungen und Apelle in die räumliche Struktur, in die natürliche, bauliche und zeichenhafte Gestalt des Ortes ein- geschrieben. In beispielhafter Kontinuität wurden diese Vergangenheitskonstruktionen in der sozialen und mentalen Praxis unterschiedlicher Erinnerungsgemeinschaften aufgerufen und dabei immer wieder auch überschrieben. Die Spuren und Traditionen dieser Institutionalisierungen und Funktionalisierungen kollektiver Gedächtnisse sind für informierte Besucher nach wie vor ablesbar.

Lernen an konflikthaften Erinnerungsorten

Darin liegt das Potenzial des Heidefriedhofs als Lernort: Im authentischen geschichtlichen Raum, in der spezifischen Aura der Grab- und Gedenkanlagen können Interessierte erkunden, erleben und verstehen, wie die latenten Erzählungen über Vergangenes im jeweiligen Zeitbezug politisch funktionalisiert wurden und werden. Gleichzeitig laden die Memorialanlagen in ihrer Funktion als Bühnenraum dazu ein, zu erkunden mit welchen Mitteln geschichtlicher Sinn performativ erzeugt wird.

Dabei geht es nicht allein um die Auseinandersetzung mit vergangenen Entwicklungen. Auch in der Gegenwart wird Vergangenheit alltäglich zur Legitimation politischer Absichten benutzt. Insofern könnten Lernangebote zum Heidefriedhof die politische Urteils- und Handlungsfähigkeit als Voraussetzung für demokratische Meinungsbildung und Teilhabe stärken.


Veranstalter

Dresdner Geschichtsverein e.V.
MEMORARE PACEM. Gesellschaft für Friedenskultur e.V.
Denk Mal Fort! e.V.
in Zusammenarbeit mit der Landeshauptstadt Dresden

Leitung

Justus H. Ulbricht, Matthias Neutzner und Holger Hase

Programm

Donnerstag, 16. November 2017

  • 13 Uhr
    Begrüßung
    Bürgermeisterin Eva Jähnigen, Beigeordnete für Umwelt und Kommunalwirtschaft der Landeshauptstadt Dresden
  • Einführung
    Matthias Neutzner
  • 13 bis 15 Uhr
    Session 1
    Historisch-politische Bildung »vor Ort«: Erinnerungsorte als Bildungsressource
    Impulse und Werkstattgespräch
    Gesprächspartner/innen:
    Nora Manukian,  Stiftung Sächsische Gedenkstätten, Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain, Mitarbeiterin
    Dr. Irmgard Zündorf, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
    Gastgeber: Dr. Justus H. Ulbricht
  • 15 bis 15:30 Uhr Kaffeepause
  • 15:30 bis 17:30 Uhr
    Session 2
    Nutzen, respektieren, erhalten und entwickeln: Erinnerungsorte als Erbe und Instrument
    Impulse und Werkstattgespräch
    Gesprächspartnerinnen:
    Juliane Hummel, Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Wissenschaftliche Mitarbeiterin
    Christiane Mennicke-Schwarz, Kunsthaus Dresden. Städtische Galerie für Gegenwartskunst, Leiterin
    Gastgeber: Matthias Neutzner
  • 17:30 Uhr
    Bilanz des Kolloquiums
  • gegen 18 Uhr
    Ende des Kolloquiums
  • 19:30 Uhr
    Öffentlicher Abendvortrag
    Conflict Memories. Erinnerungskulturen im Widerstreit seit 1945
    Dr. Insa Eschebach, Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück in der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Leiterin

Veranstaltungsort

Stadtmuseum Dresden, Wilsdruffer Straße 2, 01067 Dresden

Anmeldung

Bedingt durch die begrenzte Platzkapazität bitten wir um Ihre Anmeldung. Nutzen Sie dafür die E-Mail-Adresse garnisonfriedhof.dresden@googlemail.com.