Vor wenigen Wochen erreichte uns eine Nachricht von Hans Christian Post, der an der Universität Odense in Dänemark Germanistik-Studierende am Institut für Kulturwissenschaften unterrichtet und im Zuge seines Kurses „Das gegenwärtige Deutschland“ eine Studienreise nach Dresden plante. Die Gruppe wollte erfahren, wie die Stadt Dresden mit der Geschichte ihrer Zerstörung umgeht und welche Rolle diese Geschichte heute noch in den erinnerungs- und geschichtspolitischen Diskursen, in der Kunst und in der Stadtentwicklung spielt. So führte ihre Reise sie ins Militärhistorische Museum und in die Gedenkstätte Münchner Platz, die Studierenden hielten an verschiedenen Orten Präsentationen. Und schließlich wollten sie Memorare Pacem kennenlernen, über die Vereinsgeschichte erfahren und Erfahrungen austauschen. Ein Teil unserer Gruppe konnte diese Gelegenheit wahrnehmen und die Studiengruppe im Zentralwerk treffen. Wir haben das Zentralwerk als Ort vorgeschlagen, da man hier die Spuren der Geschichte noch deutlich sehen kann. Der Gebäudekomplex befindet sich auf dem Areal zwischen Großenhainer Straße, Heidestraße und Riesaer Straße in Dresden Pieschen und hat eine sehr wechselhafte Geschichte. Einst war es ein Werk für die Produktion von Nähmaschinen und Großschreibmaschinen genutzt und wurde 1939 als reichseigene Produktionsstätte wurde der Zeiss Ikon AG nur zur Nutzung übergeben. Die Zeiss Ikon AG beschäftigte 1944/45 mindestens 2600 weitere Zwangsarbeiter und mehr als 1000 KZ-Häftlinge in seinen Werken in Dresden. Gemeinsam besuchten wir dort die aktuelle Ausstellung „Un Sichtbar: Der KZ-Komplex Flossenbürg heute. Fotografien von Rainer Viertlböck.“ und trafen uns anschließend zu einer Gesprächsrunde mit unseren Vereinsmitgliedern, Verantwortlichen aus dem Zentralwerk und der Studiengruppe rund um Hans Christian Post.
Nora Lang erzählte über den Beginn der Vereinstätigkeiten und wie sich in vielen Jahren die Zusammenarbeit mit den Zeitzeug:innen entwickelt hat, sie berichtete über die internationale Arbeit und insesondere von Reisen nach Gernika und Wielun. Wir sprachen ausführlich über den Begriff Versöhnung und stellten fest: Dresden ist ein Ort der Versöhnung, in dem wir Verbindung zu den Opfern aufnehmen und so diesen Ort der Versöhnung beleben. Auch die Erinnerungskultur in der DDR und unsere Erfahrungen waren Gegenstand einer Diskussion. Schließlich ist eine Verbindung zu den aktuellen Geschehnissen in der Ukraine schnell gezogen, Nora Lang entlässt die Studierenden mit den Worten: „Es gibt keine Kriegsverbrechen. Krieg ist das Verbrechen.“
Zusatzinformation
Hans Christian Post hat 2019/2020 einen Dokumentarfilm über Dresden über Architektur und Erinnerungskultur fertiggestellt, welcher auf Festivals aufgeführt wurde, allerdings aufgrund der pandemischen Lage noch nicht oft öffentlich gezeigt wurde. „Der Film hat generell gute Presse bekommen, in Deutschland und anderswo, aber wird auch manchmal kontrovers diskutiert, weil eben auch rechte und rechtsextreme Stimmen auftauchen. Diese Akteure sind ja leider Teil der Auseinandersetzungen in Dresden und ich hatte deshalb entschieden, sie miteinzubeziehen. Aber der Film zeigt auch, finde ich, […] dass die Diskussionen viel komplexer und auch reicher sind, als was sie zu bieten haben; und der Film zeigt eigentlich auch, dass die Stadt stärker ist – auch wenn man es nicht immer merkt. Zumindest ist es meine Hoffnung, dass der Film das zeigt.“ sagt Hans Christian Post. Die Bundeszentrale für politische Bildung zeigt den Film auf ihrer Website unter https://www.bpb.de/mediathek/video/322155/wohin-mit-der-geschichte/.

