23. August 2017: Heritage in the 21st Century Europe, Tallinn

Podiumsdiskussion im Rahmen der »Memorial Conference for the Victims of Communism and Nazism«

Memorial Conference for the Victims of Communism and Nazism
Tallin, 23. August 2017

Auf Einladung des Justizministeriums der Republik Estland und des Estonian Institute of Historical Memory (Eesti Mälu Instituut) nahm unsere Gruppe an einer Gedenkkonferenz in Tallin teil, die im Rahmen der Estnischen EU-Ratspräsidentschaft ausgerichtet wurde.

Seit einem Beschluss des Europäischen Parlaments im Jahr 2009 wird der 23. August als »Europäischer Tag des Gedenkens an die Opfer von Stalinismus und Nationalsozialismus« begangen. Die Konferenz in Tallin versuchte eine Bestandsaufnahme der europäischen Erinnerungskulturen, die sich auf Nationalsozialismus und Stalinismus beziehen. Dabei stand insbesondere der stark differenzierte, auch kontroverse öffentliche Diskurs in den osteuropäischen Gesellschaften im Mittelpunkt.

Die Veranstaltung in Tallinn bot mit einer Exkursion zu Erinnerungsorten des Stalinismus, mit der Teilnahme an einer öffentlichen Gedenkzeremonie und einer hochrangig besetzten Arbeitskonferenz Gelegenheit, die aktuellen Positionen in der europäischen Debatte um das öffentliche Erinnern an die Schlüsselereignisse des 20. Jahrhunderts zu erleben. Es wurde deutlich, wie zentral die sich überlagernden Diktaturerfahrungen für das Selbstverständnis der osteuropäischen, vor allem auch der baltischen Nationen sind und wie aktiv sie politisch thematisiert werden. Gleichzeitig waren die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen in der Geschichtspolitik der osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten erlebbar – im breiten Spektrum zwischen nationalen Leid- und Heldenerzählungen einerseits und einer differenzierten, multiperspektivischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit andererseits.

Die teils kontroversen Diskussion ließen den Bedarf für weitere Forschungs- und Bildungsanstrengungen auf europäischer Ebene erkennen, die nicht nur Politik und Wissenschaft, sondern auch die Zivilgesellschaft erreichen müssen. Ausnahmslos alle Teilnehmer*innen aus den baltischen Staaten bekannten sich zu europäischen Werten und Traditionen. Vor diesem Hintergrund erscheint es wichtig und lohnenswert, die jüngsten Entwicklungen in den Erinnernungskulturen und Geschichtspolitiken Mittel- und Osteuropas gemeinsam zu reflektieren und aus einer bürgerschaflichen, demokratischen Perspektive zu begleiten.


Ehemaliges Pantarei-Gefängnis, Tallinn
Erinnerungsort an die Opfer des Stalinismus

Ehemaliges Pantarei-Gefängnis, Tallinn. Erinnerungsort an die Opfer des Stalinismus

Ehemaliges Pantarei-Gefängnis, Tallinn. Erinnerungsort an die Opfer des Stalinismus


Memorial Conference for the Victims of Communism and Nazism
Kultuurikatel Tallin

Memorial Conference for the Victims of Communism and Nazism


Öffentliche Gedenkzeremonie an der »Gedenksäule für den Estnischen Unabhängigkeitskrieg«, Freiheitsplatz Tallinn

Fotografien: Matthias Neutzner