19. bis 21. März 2018 | Erfahrungsaustausch in Coventry

Coventry | Cardinal Newman Secondary School, Friedensgarten | Fotografie: Matthias Neutzner

Coventry, Cardinal Newman School: Im Friedensgarten der Schule haben Schüler*innen ihre Friedensbitten angebracht. (Fotografie: Matthias Neutzner)

City of Peace and Reconciliation

Diese Aufschrift ist an den Zufahrten zur Stadt plakatiert, jeder Briefbogen der Stadtverwaltung trägt sie neben dem Stadtwappen: Dresdens britische Partnerstadt Coventry verpflichtet sich in besonderer Weise, für Frieden und Versöhnung einzutreten.

Tatsächlich kann Coventry auf mindestens acht Jahrzehnte eines außergewöhnlichen Engagements verweisen, das mittlerweile die geschichtliche Symbolik der Zerstörung im Jahr 1940 überstrahlt. Coventry ist heute gleichermaßen spirituelles Zentrum wie praktisch-organisatorischer Knotenpunkt für vielfältige Aktivitäten gegen Gewalt und für Menschenrechte.

Der Austausch zu diesen Erfahrungen war einer der wichtigsten Programmpunkte beim Besuch einer Dresdner Delegation in Coventry, die von Oberbürgermeister Dirk Hilbert geleitet wurde und zu der auch Matthias Neutzner von MEMORARE PACEM gehörte. Während ihres dreitägigen Aufenthalts in Coventry absolvierten die Gruppe ein dichtes Programm mit drei thematischen Schwerpunkten: wirtschaftliche Innovation, Kulturhauptstadtbewerbung (Coventry wird 2021 UK Capital of Culture sein) und Friedenskultur.

Für unsere Gruppe setzt sich mit diesem Besuch eine lange Tradition der Zusammenarbeit mit Freunden und Partnern fort. In zahlreichen Besuchen und gemeinsamen Aktivitäten konnten wir von den Erfahrungen und dem Engagement der zivilgesellschaftlichen, wissenschaftlichen, religiösen und politischen Akteure in Coventry profitieren.


Vorbereitendes Informationsmaterial für die Dresdner Delegation:
Matthias Neutzner: »Coventry als Stadt des Friedens und der Versöhnung«


Coventry, Kathedrale | Fotografie: Matthias Neutzner

Die Dresdner Delegation gemeinsam mit John Witcombe, Dean der Kathedrale von Coventry (4.v.l.), in der Ruine der im November 1940 von deutschen Bombern zerstörten Kirche. Im Hintergrund die Symbole des unmittelbar danach bekundeten Versöhnungsbekenntnisses: das aus verkohlten Balken gebildete Altarkreuz und die Inschrift FATHER VORGIVE. (Fotografie: Jane Barlow)


Traditionen, Symbole und Infrastrukturen der Friedenskultur

Die Dresdner Delegation hatte Gelegenheit, einen Teil der zahlreichen Institutionen und Orte zu besuchen, die Coventry zur »Stadt des Friedens und der Versöhnung« machen. Dazu gehörten vor allem die Kathedrale der Stadt (Coventry Cathedral) mit ihrem Internationalen Zentrum für Versöhnungsarbeit (Reconciliation Ministry) und das Herbert Museum, das die Programmatik und Geschichte des städtischen Friedensengagements dokumentiert (Peace and Reconciliation Gallery).

Coventry, Kathedrale | Fotografie: Matthias Neutzner

In ihrer theologischen Auferstehungsprogrammatik, in der hohen künstlerischen Qualität des Baus und in ihrem Selbstverständnis als gesellschaftlicher Ort ist die 1962 geweihte Kathedrale zum symbolischen Kristallisationspunkt des Engagements für Frieden und Menschenrechte geworden. (Fotografie: Matthias Neutzner)

Coventry, Kathedrale | Fotografie: Matthias Neutzner

Die Kathedrale verbindet drei Gebäudeteile in schlüssiger Symbolik, berührender Atmosphäre und beeindruckender Ästhetik: Das ausgebrannte Kirchenschiff der 1940 zerstörten Kirche wurde erhalten und über einen monumentalen Torbau mit dem Neubau verbunden. Hinter der Glasfront des Kirchenraums bleibt die Ruine präsent. Unter dem Baldachin des Torbaus verbindet eine breite Treppe Kathedrale und Stadt. (Fotografie: Matthias Neutzner)

Coventry, Kathedrale | Fotografie: Matthias Neutzner

Besonders beeidruckend für die Besucher aus Dresden: Die Kathedrale versteht sich als lebendiger Ort der Begegnung, des Lernens und des Engagements für die gesamte Stadtgesellschaft. (Fotografie: Matthias Neutzner)


Demokratische Zusammenarbeit für Friedenskultur

Über einen langen Zeitraum hinweg wirkten in Coventry wesentliche zivilgesellschaftliche, religiöse und lokalpolitische Gruppen und Persönlichkeiten zusammen. Erst ihre demokratische Kooperation vermochte es, die Programmatik, die Symbolik, die Aktionsformen, die Organisationen und die Infrastruktur einer »Stadt des Friedens und der Versöhnung« zu entwickeln.

Dies wurde in zwei Workshops der Dresdner Delegation mit Vertreter*innen der Stadtgesellschaft deutlich, die sich für Friedenskultur engagieren. Dabei standen besonders drei organisatorische Kontexte im Mittelpunkt: Das Lord Majors Peace Committee verbindet und koordiniert die Akteure und Aktivitäten aus allen Bereichen der Stadtgesellschaft. Mit einem Forschungsinstitut zu friedenskulturellen Themen trägt die Universität Coventry zur intellektuellen Basis des städtischen Engagements bei und bringt die Stadt in den internationalen wissenschaftlichen Diskurs ein (Coventry University Center of Trust, Peace and Social Relations). Die langjährigen Aktivitäten und Erfahrungen in Friedenserziehung und Konfliktkultur werden in breit angelegten Bildungs- und Community-Initiativen fortgesetzt.

In den Workshops konnten die Dresdner Gäste wichtige Anregungen erhalten und Ideen für gemeinsame Aktivitäten entwickeln.


Coventry, Bayley Lane | Fotografie: Matthias Neutzner

Coventry, Bayley Lane. Im Hintergrund Coventry Cathedral. Rechts eine Denkmalinstallation: Jede Stahlplatte markiert einen Eingang eines mittelalterlichen Hauses, das im November 1940 zerstört wurde. Die Tafeln tragen die Namen der aufeinander folgenden Hauseigentümer – oft bis in das 15. Jahrhundert zurückreichend. (Fotografie: Matthias Neutzner)


Schule mit Friedenprogrammatik

Beim Besuch der Cardinal Newman Secondary School war es für die Dresdner Delegation vor allem wichtig, das friedenspädagogische Konzept der Schule kennenzulernen. Frieden ist als Leitmotiv in vielfältiger Weise in Programmatik und Alltag der Schule integriert. So folgt das Zusammenleben einer gemeinsam von Schüler*innen und Lehrer*innen erarbeiteten »Peace Charter«, deren Horizont vom inneren Frieden, über Friedfertigkeit in den Beziehungen untereinander bis hin zum Engagement in der Gesellschaft und für die Umwelt reicht. Die produktive Auseinandersetzung mit dem Friedensthema ist dabei vielfältig mit dem Curriculum, aber auch mit Erinnerungskultur und städtischen Selbstverständnis verbunden.

Die herzliche Aufnahme an der Schule gab Gelegenheit zu kurzen, aber intensiven Gesprächen mit dem Management, dem Lehrerkollegium und vor allem mit Schülerinnen und Schülern der Schule. Dabei wurden auch Kooperationsmöglichkeiten diskutiert – etwas die Beteiligung der Schule an unserem Projekt YOUNG EUROPEAN PEACE EXPLORERS.

Abschließender gemeinsamer Imbiss in der Kochwerkstatt der Schule, links Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert. (Fotografie: Matthias Neutzner)

Coventry | Cardinal Newman Secondary School | Fotografie: Hendrik Stalmann-Fischer

Matthias Neutzner mit Schülerinnen beim Austausch über das YOUNG EUROPEAN PEACE EXPLORER Project. (Fotografie: Hendrik Stalmann-Fischer)